Im Leben hätte ich nicht damit gerechnet, dass mich mal eine bzw. mehrere Zeitungen zitieren würden.
Ich – ausgerechnet ich – hab eine so wichtige Botschaft, dass die Reporterin mich als eine ihrer Favoriten bezeichnete?
Wenn du mich früher gekannt hättest, hättest du es auch für unmöglich gehalten. Ich war klemmig, schüchtern und ohne mir vorher Mut angetrunken zu haben, sagte ich am liebsten nur das Nötigste.
Die kleine Simone war schon voller Angst
Als Kind fürchtete ich mich vor fast allem: im Dunkeln, beim Alleinsein, mit anderen Kindern, vor Erwachsenen sowieso, insbesondere vor sog. Autoritäten wie Lehrer, Ärzte, Polizisten etc. Ich fürchtete mich, zu versagen, nicht gut und nicht genug zu sein.
Ich fürchtete mich vor Ablehnung, Bewertungen und Beurteilungen und hatte Angst vor vernichtenden Urteilen, mit denen ich schon früh Bekanntschaft machen durfte. Ich hatte absolut NULL Selbstvertrauen und traute mich nirgends hinzugehen, was mir nicht vertraut war.
Mein Blick war meist gesenkt, mein Rücken rund und die Schultern hingen nach vorne und im Dorf bekam ich den Spitznamen DIE KRUMME.
Irgendwas rebellierte
Ich wurde ein bockiger und ein (aus heutiger Sicht) „furchtbarer“ Teenager.
Und um nicht länger gehänselt und verlacht zu werden, legte ich mir eine Rüstung an: Lederjacke, Stirnband, Moped, große Klappe und griff jeden an, bevor er mich angreifen konnte. Ich wurde rotzig und trotzig in allem und ließ keinen mehr an mich ran. Um mein Herz baute ich Mauern.
In der Schule hagelte es schlechte Noten, einige Lehrer hassten mich und wollten mich am liebsten loswerden und von der Schule schmeißen. Das Ergebnis war, dass ich NOCH cooler und härter wurde.
Wo ist die Unterstützung?
Halt fand ich in der Zeit in einer Clique – wir saßen alle im gleichen Boot: Im Inneren verlassene, kleine Kinder, die ihre Angst in Sauf-Gelage und Party-Gejohle übertünchen wollten.
Ich klammerte mich an meine paar Freunde, hier fühlte ich mich „sicher“. Außerhalb dieses Kreises drohte wieder fehlende Akzeptanz, Kritik und das Gefühl des Nicht-gut-genug-seins. Also besser nicht die Fühler ausstrecken und mal schauen, was das Leben sonst noch so zu bieten hat.
Die Welt war für mich ein unsicherer Ort
Das Leben ging weiter und die Umstände wechselten, doch ich blieb weiter in meinem Schneckenhaus aus Altbekanntem und Vertrautem. Zu gefährlich… schien mir etwas Neues außerhalb der gewohnten Komfortzone – hier müsste ich wieder kämpfen um Liebe und Anerkennung und ich könnte wieder verletzt und enttäuscht werden.
Bis ans Lebensende glücklich in der Komfortzone?
Mitnichten… Ich bekam in den damaligen Jahren viele Diagnosen: Störung des psycho-vegetativen Nervensystems, Kloßgefühl im Hals, Schilddrüsendysfunktionalität, Skoliose, Prä-Diabetes, Burn-out, Bore-out, chronische Nacken- und Rückenverspannung, Hyperventilation, Hypochondrie und ach so vieles mehr.
Aus heutiger Sicht: Alles Quatsch! Aber notwendiger Quatsch! Denn was ich wirklich brauchte, war ein Blick über den Tellerrand und RAUS AUS DER KOMFORTZONE SCHNECKENHAUS! Doch ich traute mich ja (noch) nicht.
Das Leben hatte andere Pläne!
Ich bin einfach nicht dafür gemacht, tagein-tagaus an der gleichen Stelle zu hocken… wie an einem SICHEREN Ufer und zuzuschauen, wie mein Leben an mir vorbeizieht. ICH SOLLTE MITTENDRIN SEIN!
Meine Seele mochte und mag auch jetzt keinen Stillstand – und deine ebenso wenig. Sie möchten sich weiterentwickeln und im Schneckenhaus können sie das schlecht.
Unerwartete Hilfe kam… – Angststörung als Therapie
„Wer nicht hören will, muss fühlen“ – hat meine Oma immer (weise) gesagt. Oh ja, DAS habe ich!
Nachdem ich lange Zeit die Signale meiner Seele nicht hören wollte, die sie mir durch körperliche Symptome zu verstehen geben wollte, musste sie wohl noch „eine Schaufel drauflegen“:
>>> also jetzt generalisierte Angststörung mit Panikattacken!
Jeder, der davon betroffen ist, weiß, dass es kaum stärkere Gefühle gibt: von permanenter Anspannung, Herzrasen, Schwindel, Ohnmachtsgefühle, über das Empfinden, noch verrückt zu werden, dazu ständig Angst vor der Angst bis hin zur puren Todesfurcht.
Doch glaube mir: Die Angst ist NICHT dein Feind!
Sondern dein Freund/deine Freundin. Sie hat mich die ganze Zeit geführt und geleitet, mich manchmal wieder leise verwarnt, wenn ich tendenziell in die alte „Box“ (Komfortzone Schneckenhaus) zurück und aus Bequemlichkeit die alten Wege nehmen wollte.
Die Angst ist aber nicht nur der Guide, sondern auch
- Das Frühwarnsystem, das dir ganz klar Hinweise gibt, dass du (wieder) in die falsche Richtung gehst
- Der Hebel, der dich über den Rand deiner „Box“ schauen lassen möchte. Denn „dein Glück“ befindet sich dort – außerhalb des Altbekannten und Komfortablen.
- Der Beschleuniger für deine eigene persönliche Entwicklung, sonst würdest du immer und ewig auf dem gleichen Level bleiben und dich nie trauen, mal was anderes für dein Leben auszuprobieren.
- Der Tritt in den Hintern, um in Gang zu kommen
Und:
Die Angst ist dazu da, dich zu lehren, dass du VERTRAUEN INS LEBEN haben darfst.
Sie hat mich gelehrt, dass außerhalb meines Schneckenhauses NOCH SO VIEL MEHR auf mich wartete. Und so erinnerte ich mich wieder an meine Abenteuerlust und Entdeckerfreude, die ja schon immer da waren und in alten, verstaubten Kisten darauf lauerten, wieder zum Leben erweckt zu werden.
Sicherheitsdenken über Bord und Leinen los!
Im Frühjahr 2015 verkaufte ich dann mein Haus und das meiste meines Besitzes, packte meine Koffer für mich und meine damals 17jährige Tochter, verfrachtete unser Wohnmobil auf ein Schiff und uns selbst auf ein anderes und zogen los ins Ungewisse. Erst mal amerikanische Ostküste und dann mal weitersehen…
PS: Natürlich hatte ich die Hosen gestrichen voll!
Doch das legte sich mit der Zeit immer mehr. Ursprüngliche „Pläne“ erwiesen sich als Luftnummer und mussten immer wieder umdisponiert werden – zum Beispiel die Vorstellung, die USA und Kanada komplett mit dem Womo zu bereisen.
„Mal eben“ von Florida, wo ich oft die Winter verbrachte, nach Toronto, wo meine Tochter zur Schule ging, mit dem Wohnmobil zu überbrücken, war einfach nicht drin. Und den Westen Amerikas entdecken zu wollen, wenn du noch über 4000 km weiter östlich steckst, war mir als Alleinfahrerin dann doch zu sportlich…
Daher nahm ich oft die AMTRAK, die amerikanische Eisenbahn, und tourte damit durchs Land.
WAS WAR DABEI MEIN GRÖSSTES LEARNING?
War eine Frage der amerik. Journalistin Tamara Lush, die ich auf einer dieser Eisenbahnfahrten zufällig traf – und jetzt komme ich wieder zurück zum Anfang dieser Geschichte, zu meiner Botschaft.
Tamara war an Bord, da sie eine Reisereportage machen und herausfinden wollte, mit welcher Motivation Menschen heute noch die (fast nostalgische) Bahn benutzten und welche Geschichten sich dahinter verbargen.
Ich erzählte ihr, wie ich als Angsthase in Hamburg gestartet bin und durch viele Erfahrungen auf dieser Reise lernen durfte, dass ich – trotz allem, was mir und in der Welt so alles passiert –
Vertrauen haben kann:
- in die Menschen (die meisten sind wohlgesonnen und hilfsbereit) und
- ins Leben. All die Ängste, Sorgen und Befürchtungen hatten sich nämlich nicht bewahrheitet und waren letztendlich für die Katz!
Mein bis dahin lebenslanger Glaube, dass die Welt ein unsicherer Ort sei, hatte ich auf dieser Reise irgendwo verloren und statt dessen einen anderen Glauben gefunden – den Tamara dann so besonders fand und den ich dir hier und heute auch gerne noch mal mitteilen möchte:
Die Welt ist gut!
(Kommt nur drauf an, was DU, ICH, WIR ALLE daraus machen!)
Herzliche Grüße,
deine Simone – seit 8 Jahren panikfrei im Flow
PS: hier noch mal der Link zur ganzen Story
Raus aus dem toxischen Sumpf aus Angst und Panik–
rein in den Flow!
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